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Wenn ich ein Virus wär … 

Es ist doch nur rechtens, wenn ich mich mal in die Verhaltensweise eines solch vermaledeiten Virus, wie er zur Zeit die Welt im Griff hält, hineindenke. Wir Menschen wollen doch eine zielführende Kampfstrategie gegen die Pandemie entwickeln, und dazu muss man doch den Gegner genau kennen. Also wohlan, lernen wir ihn kennen.
Vorbemerkung: Da ich mich jetzt vom Volksmund „der Virus“ abwende und zur Wissenschaft überlaufe, nutze ich die wissenschaftlich korrekte Anrede mit „das Virus“.
Nun betrachten wir uns erst einmal die Größe des Virus. Also, es ist wirklich viel, viel kleiner als ein Stecknadelkopf. Auch unter einer Lupe ist noch nichts zu sehen. Ja, sogar ein Mikroskop meldet tote Hose. Aber nun will ich die Katze aus dem Sack lassen: Das Virus ist für ein menschliches Auge nicht sichtbar. Da müssen wir schon ein super duper Elektronenmikroskop bemühen. Und die Dinger, also ich meine die Elektronenmikroskope, sind so groß wie ein Kühlschrank, eine Waschmaschine und Spülmaschine zusammen. Und wer will sich das in die Küche stellen? Und außerdem kosten die Dinger, ich meine die Elektronenmikroskope, circa hunderttausend Euro. Und dafür kaufe ich mir lieber einen aufblasbaren Swimmingpool.
Huch, ich bin etwas abgedriftet und kehre reumütig zurück zu meinem Thema.
Also, nachdem das mit der Größe des Virus’ erklärt ist, müssen wir uns klar machen, dass das Virus nicht einsam und alleine durch die Gegend fliegt. Das wäre ja einfach und für uns Menschen ein gefundenes Fressen. Einmal mit Quadratlatschen drüber gelaufen – und peng, weg wär’s! Aber diese Dinger, ich meine diesmal die Viren, haben eine ganz hinterlistige Strategie entwickelt, und zwar aus der Not heraus. Das Virus hat nämlich keinen eigenen Stoffwechsel und kann von selbst keine Energie gewinnen. Aus diesem Grunde munkelt man, es sei gar kein Lebewesen. Aber hier kommt die Viren-Strategie zum Vorschein: Das Virus kann die Wirtszelle so umprogrammieren, dass die Wirtszelle für das Virus arbeitet und sich auf Befehl vermehrt.
Aber hallo, was ist denn jetzt los? Das ist ja wie im richtigen Leben. Der eine schafft nichts, programmiert den anderen aber so um, dass er sich dumm und dusselig arbeitet.
Jetzt schlägt’s dreizehn! Kommt so ein Virus in meine Zelle angetapert, schleicht sich irgendwie unauffällig und gut getarnt in meinen Zellkern ein, sozusagen in die Steuerzentrale, und programmiert dann meine Zelle nach eigenen Bedürfnissen um.
Ach du meine Güte. Da werde ich gezwungen, etwas zu tun, was andere von mir wollen. Hä, das ist ja wie Werbung. Die wollen mich auch umprogrammieren, dass ich ihre Produkte kaufe. Und wie wehre ich mich gegen Werbung? Ganz einfach: Ich besinne mich auf mich, stelle mir die Frage, was ich eigentlich will, beantworte flugs die Frage, und dann prallt Werbemanipulation von mir ab wie ein Regenschauer auf einem Schildkrötenpanzer.
Also wieder zurück zum Kampf gegen das Virus. Eins ist sicher: Ich muss mein Immunsystem stärken. Muss genau überlegen, was lasse ich an Informationen durch bis in meinen innersten Kern und was blocke ich ab? Wenn ich mich ernst nehmen würde, müsste ich mich den ganzen Tag fragen, was ich aufnehme und was ich abstoße. Dauernde Entscheidungen: Ein Schnitzel oder Tofu? Salat oder Pizza? Ein Bier oder Mineralwasser? Aber nicht nur im Nahrungsbereich müsste ich dauernd Entscheidungen treffen, sondern auch im Beziehungsbereich muss ich entscheiden: Wen lasse ich eindringen und wen blocke ich ab? Tut mir die Bekanntschaft mit diesem Menschen gut oder schadet sie mir?
Um ernsthaften Ratschlag bemüht, äußere ich mich hier unmissverständlich: Die beste Waffe im Kampf gegen das Virus ist Bewusstsein. Jeder muss in jedem Moment, in jeder Situation aufpassen und immer genau abwägen: Was hilft mir und was schadet mir? Was lasse ich eindringen und was muss ich abstoßen?
Hallo, liebe Leserin und lieber Leser, jetzt musst du entscheiden, ob du meine Gedanken in dich eindringen lässt oder ob du sie abblockst! Sind meine Gedanken gesund für dich oder machen sie dich krank? Wenn sie dich gesund machen, dann atme sie tief ein, bis sie in deinem innersten Kern landen. Wenn sie dich krank machen, dann zieh den Mundschutz an, halte Abstand und warte in Quarantäne darauf, bis meine Gedanken wieder weiterfliegen.

Autor: Johannes Galli | Geschrieben für die Zeitschrift “Lebens(t)räume

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Erst im Nachhinein kann ich sagen was für mich gut oder schlecht war. Vielleicht können Märchen , die einen Träumer wie mich begeistern, mich in ihren Bann ziehen…

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