Mit dem Virus Fußball spielen lernen
Gerade tobt der Streit durch die Welt: In Japan werden zur Olympiade keinerlei Zuschauer und auch keinerlei Zuschauerinnen zugelassen. Und in England dürfen bei der EM 60.000 durchgeknallte englische Fans ihre Mannschaft anfeuern. Und anschließend dürfen sie im Siegesrausch den Mundschutz wegwerfen, sich umarmen, küssen und sich gegenseitig die Freudentränen ablecken.
„Nun gut“, wird die nachdenkliche Leserin und der kritisch stirnrunzelnde Leser bemerken, „die Welt ist voller Widersprüche.“
Aber darauf will ich gar nicht hinweisen. Denn das ist inzwischen Allgemeinwissen. Was mich allerdings stutzig machte, war ein locker hinformuliertes Argument des britischen Premierministers.
Doch nun erstmal einige erklärende Worte zur besonderen Stellung Boris Johnsons innerhalb Europas. Boris Johnson, der britische Premierminister, hat in Europa viele Feinde wegen Brexit und so. Auf den britischen Inseln hat er zwar auch viele Feinde, aber auch einige Freunde wegen Brexit und so.
Nach dieser Kurzvorstellung dieses hemdsärmeligen Politikers nähere ich mich aber nun endlich dem Zitat, das meine aufgestellten Ohren erreicht hat und direkt in meinem Kleinhirn für nachdenkliche Unruhe gesorgt hat. Johnson will nämlich die Corona-Sicherheitsmaßnahmen vollständig aufheben. Und das in diesen Zeiten, wo in England die Delta Variante grassiert und die Ansteckungszahlen wieder explodieren. Darauf angesprochen brachte er das besagte Zitat, das da war: „We have to learn to live with the Virus.“
Sicherheitshalber will ich diesen bemerkenswerten Ausspruch übersetzen: „Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben.“
Oha! Das war mal ein gewagter Blick in die Zukunft. Und ein höhnischer Seitenhieb gegen alle, die von Herdenimmunität träumen, ohne sie jedoch erreichen zu können.
Und nun frage ich mit der mir zustehenden Bescheidenheit: Was jetzt? Weiter sich anstrengen, Lockdown und so, Impfen auf Teufel komm raus und auf Herdenimmunität hoffen? Oder wie Johnson alles ohne Einschränkung laufen lassen, weil es sowieso nicht mehr zu ändern ist?
Tja, und jetzt steh ich in der Sprache der Gebildeten wieder mal hier, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor. Oder in der mir geläufigeren Kindersprache: Ich stehe hier wie der Ochs am Berg!
Dieser Beitrag hat 0 Kommentare