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Sternstunde der Galli Methode® – Teil 3

Mein sechzigster Geburtstag war für mich die bitterste Stunde, die ich mit meiner Theatergruppe gemeinsam erlebt habe. Ich war doch damals wirklich der Meinung, dass ich das kreative Potenzial der Menschen, auf die ich Einfluss hatte, fördern könnte. Aber oje, was war das denn für eine groß angelegte Geburtstagsfeier?
Da ich damals fest glaubte, das Rentenalter nicht zu erreichen, hatte ich das ganze Theater in Freiburg voll organisiert mit Menschen, die ich über die letzten Jahre kennengelernt hatte und die mich kennengelernt hatten. Vor allem aus Workshops, Trainings und Businesstheater.
Als ich die Bühne mit einer knappen Rede eröffnete für jene, die, wie ich dachte, an meine Vision des heilsam kreativen Spiels glaubten, erschienen Gestalten unvorbereitet, phantasielos und aberwitzig unkreativ.
Ich möchte einige Darbietungen beschreiben, die das gesamte Spektrum der Uninspiriertheit und Peinlichkeit zusammenfassen.
Es wurde keine einzige Darbietung gebracht, die eine kreative Auseinandersetzung mit meinem über dreihundert Theaterstücke umfassenden Werk beinhaltete. Sondern jeder hatte sich etwas „eigenes“ ausgedacht, was lediglich bedeutete, dass es nicht von mir, sondern von einem anderen Künstler stammte – keineswegs von den Darbietenden selbst.
Zum Beispiel brachte ein Sänger, der gerade von mir hochbezahlt mein Musical „Froggy“ im Tonstudio eingesungen hatte, keinen Song aus diesem meinem Musical, sondern eine Grönemeyer Imitation, von der ich kaum ein Wort verstand. Eine drittklassige Opernsängerin brachte eine viertklassige Arie eines mir unbekannten Komponisten zu Gehör, die sie als Provinzsängerin einmal eingeübt hatte. Ein paar Jugendliche brachten einen Punk-Rock-Song mit ungeprobten Gesangs- und Gitarrenfetzen und unkoordinierter Tanzuntermalung, wobei sich jeder zurücknahm, um nicht den anderen in den Schatten zu stellen. Hier wurde Improtheater zu gänzlich unvorbereitetem Spiel herunterdegradiert.
Von diesem Schock, der mich damals traf, habe ich mich nie ganz erholt. Zwar habe ich versucht, in meinem Schlüsselroman „Jojo und seine Kellerkinder“ das ganze Debakel meiner gescheiterten Vision zu verarbeiten, aber es gelang mir nicht. Das Buch wurde verschmäht und keiner wollte es verkaufen, da zu viel Wahrheit sich darin verborgen hält.

Fortsetzung folgt … 

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