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Die geräucherte Lunge 

Oje … mit diesem Thema setze ich mich wieder mal in die Nesseln. Man stelle sich vor, sich mit nacktem Po auf frische Brennnesseln zu setzen. Oje, wie das beißt und juckt. Natürlich hätte ich für „Po“ auch „Hintern“ schreiben können. Das wäre so kumpelhafter gewesen. Dass jeder dabei an „Arsch“ denkt, ist mir entschieden zu derb und ich möchte das Wort „Arsch“ auf keinen Fall schriftlich in meinem Blog veröffentlichen. Denn jeder, der „Arsch“ lesen würde, ist doch der Meinung, dass ich vulgär, dumm und primitiv sei. Dem ist aber nicht so. Glaube ich zumindest. Denn Achtung, aufgepasst, ich bin gar nicht gegen das Rauchen aus gesundheitlichen Gründen, sondern aus geistigen Gründen. Das will ich später breit, klug und weise erläutern.
Zuerst aber einmal will ich klarstellen, wie ich auf dieses Thema stieß. Es besteht eine glaubwürdige Statistik, dass nach der Corona Pandemie acht Prozent mehr Menschen rauchen als vor der Pandemie. Nun frage ich mich: Wie kann es sein, dass eine Pandemie, die vor allem die Lunge betrifft, dazu führt, dass immer mehr Menschen rauchen? Die landläufige Meinung, die scheinbar klug, aber in Wirklichkeit dummdreist daherkommt, meint, dass der Lockdown, also die Isolation, automatisch dazu führt, dass man mehr raucht. Aber das ist, aus meiner geistigen Sicht betrachtet, voll der Blödsinn.
So, und nun hole ich weit aus, um mich verständlich zu machen. Natürlich muss ich noch vorher kundtun, dass ich mir sehr wohl bewusst bin, dass von den ca. 10.000 Leser*innen, die meinen Artikel verschlingen werden, etwa 9.988, also ein hoher Prozentsatz, meine Meinung ablehnen werden. Aber ich finde, man muss auch mal den Mut haben, gegen andere Meinungen anzuschreiben.
Doch nun genug der Rechtfertigung und endlich losgelegt mit meiner so sehr abgelehnten Meinung. Das eigentlich schadhafte beim Rauchen ist nicht die geräucherte Lunge, sondern der vernebelte Geist. Rauchen heißt sich selbst im Rauch zu verbergen. Seine eigene Duftnote zu verfälschen. Warum? Warum will der Mensch anders riechen, als er von Natur aus riecht? Warum will er anders gesehen werden, als er von Natur aus aussieht? Der Mensch will sich verbergen. Will sich verheimlichen. Will Konflikte, die ihn bedrängen, verschwinden lassen. Will seinen eigenen Duft der Umgebung aufdrücken. Will dominieren, will sein Ego, seine Sicht der Dinge auf eine subtile, umweltverschmutzende Art brachial durchsetzen.
Wer scharf beobachten kann, wird sehen, dass Raucher*innen sich genau dann eine Zigarette anzünden, wenn die Situation auf Konflikte zusteuert. Das heißt, anstelle offen und ehrlich einen Konflikt anzusprechen, wird eine Nebelkerze gezündet, um den Konflikt unangesprochen wieder in sich hineinzuziehen, hineinzurauchen, verschwinden zu lassen.
Ein kommunikativer Moment wird durch das Rauchen zerstört. Man bedenke nur, wie ein intensiver Kuss mit einem Raucher oder einer Raucherin schmeckt …
Ich selbst gebe gerne zu, dass ich vor fünfzig Jahren geraucht habe. Genauer gesagt: Im Alter zwischen 18 und 23 Jahren. Ich wollte natürlich dazugehören. Wozu auch immer. Und als unmotivierter Soldat hatte ich eine Menge Autoritätskonflikte wegzurauchen. Aber dann entwickelte ich in Schauspielkursen eine Atemtechnik, bei der mir schnell klar wurde, dass bewusstes Atmen und Rauchen nicht zusammenpassen. Als mir das klar wurde, hörte ich schlagartig auf zu rauchen.
Bestätigt wurde ich in meinen Reisen durch Kanada, als ich mit Native Americans die Friedenspfeife rauchte. Diese streng ritualisierte Form des Rauchens dient der Versicherung ewiger Herzensfreundschaft und bläst den Rauch in alle vier Himmelsrichtungen, ohne ihn in sich hineinzuziehen. Damit man sich in allen vier Himmelsrichtungen verpflichte, die Freundschaft aufrechtzuerhalten, sich also gegenseitig zu helfen.
Also ehrlich, gegen eine Freundschaftszigarette, die man gemeinsam raucht und deren Rauch man dann in alle Himmelsrichtungen bläst, hätte ich nichts einzuwenden. Denn ewige Freundschaft wünschen wir uns doch alle … oder? 

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Lieber Johannes,
    vielen Dank für diesen Blog. Du schreibst mir aus dem Gefühl, ja aus der Seele.
    Der Atem ist das, was uns am Leben hält. Wie oft sage ich in Workshops und Weiterbildungen: Bitte durchatmen, durch die Nase ein- und ausatmen, um sich wieder zu zentrieren. Leider hört kaum einer auf mich und man stürzt sich ohne des Innehaltens durch das Durchatmen in die nächste Situation. So wird unbewusst herumgebabbelt und mich schmerzt das sehr, dass wertvolle Übungen damit sofort wieder in der Welt des Unbewussten versinken. Dennoch – mir geben deine Blogs eine enorme Hoffnung und eine existentielle Bestätigung, dass ich mich an deinen Gedanken orientieren kann aus Übereinstimmung und Überzeugung.

  2. Ach Johannes,
    Oft musste ich die letzten Monate über diesen Text nachdenken und oft wollte ich kommentieren…

    Hätte ich nur jemals gelernt wie man eine Freundschaftszigarette raucht…

    Selbst bin ich krasser Kettenraucher und konsequenter „Dauerverdränger“, der so sehr im Krieg mit der Welt und sich selbst ist, dass ich mich schon fast selbst in Rauch auflöse… Selbst komme ich nicht aus diesem geistigen „Gefängnis“ raus… Jemanden zu finden, der mir zeigt wie man Freundschaft (auch und vor allem mit sich selbst) wiederfindet… ach das wäre toll.

    Manchmal ist das stärkste um Hilfe zu bitten:
    Johannes, kannst du mir zeigen, wie man das Kriegsbeil begräbt und wieder Freund wird?!

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