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Man kümmert sich … 

Neulich besuchte mich ein guter Freund und bat mich um Hilfe. Aufgeschreckt durch Impfverweigerungsbestrafungsdrohungen wollte er sich boostern lassen. Neugierig fragte ich ihn, wie er sich eine Hilfe meinerseits vorstelle. Er sagte unverhohlen zu mir: „Du bist jünger als ich und kennst dich mit elektronischer Kommunikation besser aus als ich. Deswegen sollst du mir einen Termin verschaffen.“
Da hatte er recht. Ich war wirklich fast ein ganzes Jahr jünger als er. Und da ich gerade nichts Wesentliches zu tun hatte und er ein guter Freund war, sagte ich zu. Nach meinen erfolglosen Erstanrufen bei verschiedenen Impfangebotsanlaufstellen wurde mir klar, dass das Ganze doch länger dauern würde. Also verabschiedete ich mich von meinem Freund und sagte: „Komm morgen Mittag wieder, denn bis dahin habe ich einen Termin für dich gefunden.“
Am nächsten Tag fing ich um neun Uhr an, herumzutelefonieren. Erst einmal musste ich klarstellen, welches Bundesland für uns zuständig war, dann musste ich mich über die besonderen Verordnungen, die in diesem Bundesland herrschten, informieren, sodann wurde ich aufgeklärt, in welchen Bundesländern derzeit keine Booster Möglichkeiten bestünden, dann wurde ich zu zentralen Impfzentren verwiesen, die aber, wie ich stundenlang herausfand, allesamt geschlossen hatten, aber in einigen Wochen möglicherweise wieder neu öffnen würden. Meine Hausärztin war im Urlaub, sein Hausarzt hatte die Praxis aus Altersgründen geschlossen, ohne einen Nachfolger gefunden oder gesucht zu haben.
Jetzt war guter Boosterrat teuer! Da dachte ich bei mir: Moment, warum schlage ich mich hier auf den untersten Ebenen eines gigantischen Menschheitsrettungsprojektes herum? Ich wollte ein Exempel statuieren und den zentralen Machthaber um Hilfe bitten. Von der sehr freundlichen Telefonauskunftsmitarbeiterin erhielt ich die Telefonnummer des Gesundheitsministeriums in Berlin und hatte verdammtes Glück, als der „noch Gesundheitsminister“ direkt am Telefon war. Nachdem er sich freundlich vorgestellt hatte, tat ich es ihm nach und stellte mich mit freundlichen Worten vor und brachte mein schonungsloses Anliegen zu Gehör. Dieses interessante Telefongespräch gebe ich im Folgenden so wortgetreu wie möglich wieder. Hierbei habe ich unsere Namen unkenntlich gemacht, damit wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht belangt werden können. Ich selbst nenne mich Jo und ihn nenne ich in einer Abkürzungsform von Minister, also Mini.
Jo: „Herr Minister, Sie sagen doch, wir sollen uns alle boostern lassen.”
Mini: „Ja, da habe ich recht, denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass …“
Jo: „Ja, ich weiß. Aber wo kann man sich boostern lassen?”
Mini: „Nun ja, ich kümmere mich.”
Jo: „Das ist wirklich lieb von Ihnen gemeint, aber wo konkret kriege ich einen Termin her, oder kann ich irgendwo einfach so hingehen?”
Mini: „Ich habe Impfzentren, mobile Impfzentren und Hausärzte persönlich angewiesen, sich bereit zu halten, und habe auch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass man einen regen Gebrauch gebrauchen sollte.”
Jo: „Aber das klappt doch alles nicht. Es funktioniert nicht. Zu schlecht vorbereitet.”
Mini: „Ja, die wachsenden Infektionszahlen sind besorgniserregend und deswegen sorge ich mich nicht nur, sondern kümmere mich auch.”
Jo (laut werdend): „Wo kriege ich einen Termin her?”
Mini: „Da müssen Sie sich durchfragen.”
Jo: „Das tue ich doch gerade.”
Mini: „Sie müssen sich erfolgreich durchfragen, denn wir brauchen Herdenimmunität.”
Jo: „Aber wenn der Gesundheitsminister nicht helfen kann, wer denn sonst? Die Herde doch bestimmt nicht, oder?”
Mini: „Natürlich nicht. Aber bitte mäßigen Sie sich in ihrem aggressiven Ton. Das ist nicht der Ton, in dem man mit einem Minister spricht, auch wenn er ein ‚nur noch‘ ist.“
Jo (entnervt): „Verdammt nochmal, gib mir einen Termin!”
Mini: „Dieser Ton ist nicht hinnehmbar.”
Er legte auf. Da klingelte es an der Tür und Martin mein Freund kam mit erwartungsvollem Gesicht herein und gleich fragte er: „Und, wann ist mein Termin? Am Donnerstag Vormittag hätte ich Zeit.”
Aber ich musste ihn enttäuschen. Und da ich im Gespräch mit Mini einiges gelernt hatte, tröstete ich meinen Freund Martin und sagte: „Ich sorge mich nicht nur, sondern kümmere mich.”
Martin sagte: „Schön und gut, aber wann ist mein Termin?”
Ruhig antwortete ich: „Ich tue alles, was in meinen Kräften steht.”
Aggressiv rief er: „Nur Gelaber, du hast nichts Konkretes für mich erreicht. Wenn man dich einmal um einen Gefallen bittet, nichts Konkretes.”
Kühl ließ ich ihn abblitzen: „Dieser Ton ist nicht hinnehmbar.”

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