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Der Rattentest

Ich war 18 prächtige Jahre alt und im naturwissenschaftlichen Gymnasium in Rottweil in der zwölften Klasse. Herr Dr. Unseld war mein Biologielehrer und schätzte mich sehr. Nicht wegen meines Wissenstandes, der entgegen meines sonstigen Charakters sehr bescheiden war, sondern wegen meiner Fähigkeit, als Klassenclown immer wieder für die pädagogisch so wichtige Erheiterung der Klassenstimmung zu sorgen. So rief er mich in der Regel zu Beginn der Biologiestunde mit irgendeiner Frage aus meinem Tiefschlaf, ich lieferte eine witzige Antwort, die Klasse lachte, der Einstieg war geglückt, und dann konnte Dr. Unseld wieder zu wissenschaftlichen Höhen abheben, während ich mich wieder freundlich ins Reich der Tagträume verabschiedete.
Nun möchte sowohl die Leserin als auch der Leser dieser Zeilen natürlich ein Beispiel hören. Und da ich gewohnt bin, Erwartungen zu erfüllen, will ich gleich ein Beispiel liefern: Dr. Unseld erzählte, kaum war er im Klassenzimmer erschienen, von einem wissenschaftlichen Test. Irgendein amerikanischer Wissenschaftler hatte eine gesunde männliche Versuchsratte auf Nulldiät gesetzt und dieser männlichen Ratte strengsten Zölibat verordnet, indem ihm jede Bekanntschaft mit Rattenweibchen verunmöglicht wurde.
Nach zwei Wochen oder so wurde das Rattenmännchen überrascht. Als das Rattenmännchen nämlich des Morgens in seinem Käfig erwachte, war da ein Schälchen mit lecker lecker Maiskörnern und unweit ein Rattenweibchen, das relativ lüstern, das heißt größtenteils unbekleidet, zu allerlei lustvollen Dienstleistungen zur Verfügung stand.
„Und nun, Galli“, rief Dr. Unseld verschmitzt in meine Richtung, „worauf hat sich unser Versuchsrattenmännchen zuerst gestürzt?“
Ich wusste, was von mir erwartet wurde, und antwortete relativ schlagfertig: „Danach stürzte sich das Männchen auf die Maiskörner und verzehrte sie genüsslich!“
Unter dem von Unseld geschickt bewirkten Gelächter nahm er das Heft wieder in die Hand und korrigierte mich, indem er nun die wissenschaftlich fundierten Begriffe verwendend erläuterte, dass der Selbsterhaltungstrieb (Nahrung) wichtiger als der Fortpflanzungstrieb (vögeln) sei. Dann vertiefte er sich weiter in seinen Lehrplan.
Während Dr. Unseld sich mit verhaltenspsychologischen Tatsachen des Menschen herumplagte, schweifte ich in einen Tagtraum ab, in dem mir ein Weibchen aus der Parallelklasse erschien, auf die ich schon seit Wochen mein Auge geworfen hatte. Von weiteren Unseldschen Versuchsbeschreibungen kriegte ich nix mehr mit!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. So oder so, … nach der Fortpflanzung kommt notwendigerweise das Verlangen nach Nahrung. Für diese Erkenntnis brauche ich nicht einmal Versuchsratten, wenn sich die Mäuse in meiner Bude vermehren ist bald einmal alles Essbare radiputz weg, bei Vögeln geht das vermutlich auch so?

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