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Der Affenschock

An einem schönen Advent-Morgen wollte ich mir ein üppiges Frühstück auf meinem Balkon gönnen. Von dort aus wollte ich die in geschmolzenem Schneematsch schwimmenden Autos betrachten – als Winteridylle.
Ach, wie ich das liebe! Neben einem kleinen Campingtischchen mich in meine Heizdecke gewickelt in meinen Campingstuhl zu setzen, in die Sonne zu blinzeln und mein von mir selbst liebevoll zubereitetes Frühstück zu verzehren und als akustische Untermalung hören, wie Reifen unmotiviert durch den Matsch matschten.
Vielleicht sollte ich kurz beschreiben, was für mich liebevoll zubereitetes Frühstück bedeutet. Also: Neben dem Kübel mit schwarzem Kaffee, schwarz wie die Sünde, stand ein Glas Cognac und zur flankierenden Maßnahme ein Sliwowitz, um meine müden Geister aufzuwecken. Als feste Speise ein ofenfrisches Croissant, dazu noch einen morgendlichen Rotwein – wegen der frühen Tageszeit allerdings mit ein paar Tropfen Mineralwasser verdünnt.
Nach dem gelungenen Frühstück fläzte ich mich in meinen Campingstuhl und überließ mich meinen wohligen Tagträumen. Doch halt! Wer störte mich denn da? Gerade als ich ins Reich der wohligen Tagträume hinübergleiten wollte, klingelte mein Handy und ich dechiffrierte sofort, dass Reinhold, mein Trink-Kumpan von gestern Abend Kontakt zu mir aufnehmen wollte.
„Hallo, Reinhold“, rülpste ich ins Handy.
„Mann, Mann, Mann“, rülpste Reinhold zurück. Haben wir uns gestern einen Affen angesoffen!“
Ich stellte mir das Ganze bildlich vor und erlebte, wie wir beide uns in Affen verwandelten. Aber das Bild war nicht geeignet, mich in wohlige Tagträume zu flüchten. Also wimmelte ich seinen Vorschlag, für ein zweites Frühstück bei mir vorbeizukommen, schnell ab und wollte mich dann meinen wohligen Tagträumen hingeben. Aber das klappte jetzt nicht mehr. Die Tagträume waren gar nicht wohlig. Überhaupt nicht! Ich wollte sie wohlig, hatte sie wohlig geplant, ja, hatte mich hineinentspannen wollen in eine Welt des Wohlgefühls. Aber was war das?
Es schossen aus meinem Unterbewusstsein immer mehr dunkle Bilder hervor, gegen die ich mich nicht mehr wehren konnte und denen ich mich willenlos ergeben musste.
Plötzlich sah ich überall Affen. Wirklich! Dunkelhaarige Affen in menschlichen Anzügen, Kleidern, Uniformen.
Gerade konnte ich noch die Tatsache, dass ich mehr als ein Glas Cognac getrunken hatte, verfluchen, da schwemmte mich die Bilderflut einfach weg. Nachrichtensprecher krächzten in Affenstimmen auf mich ein, so dass ich nichts mehr verstand. Politische Reden wurden von Affen gehalten. Und ich konnte nur an der Kleidung erkennen, ob es sich um Männchen oder Weibchen handelte. Und wie beim Menschen hatten alle Affen die gleichen Rechte, Pflichten, Freuden und Leiden. Sogar der Bundeskanzler war ein Affe geworden. Das konnte doch nicht sein, oder? Polizisten erschienen als in Uniformen verkleidete Affen. Oh mein Gott, Hilfe! Alle staatstragenden Personen, die ich in meiner Vorstellung sah, waren zu Affen mutiert.
Als dann auch noch die Präsidenten der größten Staaten dieser Welt in Affenform erschienen, war es mir endgültig zu viel. Ich atmete mich gewaltsam aus diesem Horrorszenario heraus, erhob mich zugegebenermaßen leicht torkelnd und musste mich am Balkongeländer festhalten. Ich wunderte mich nur kurz, dass meine Arme viel länger waren als gewöhnlich. Und gerade, als ich froh war, dass alles nur ein Traum war, blickte ich auf meine Hände und konnte es nicht fassen: Sie waren dicht schwarz behaart … Aber ich widerstand dem Drang, über die Brüstung zu hüpfen und mich von Balkon zu Balkon zu hangeln. Zum Glück!

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