Machtgebrauch
Allüberall tönt mir das Wort „Machtmissbrauch“ ins Ohr. Einzelmenschen, Berufsgruppen, Religionsgemeinschaften … Immer wird als Kritik Machtmissbrauch angeführt.
Das ist auch richtig, aber trotzdem komme ich ins Grübeln. Denn der Begriff Machtmissbrauch braucht doch auch einen positiven Gegenbegriff. Das wäre Machtgebrauch. Oje … Muss ich jetzt ernsthaft jeden mächtigen Menschen untersuchen, ob er seine Macht missbraucht oder gebraucht?
Denn eins ist sicher: Wenn was gemacht werden soll, kann das nur von jemandem gemacht werden, der seine Macht, die er hat, auch gebrauchen kann.
Und noch ist mir nicht klar, ob das Gegenteil von Machtmissbrauch, also der Machtgebrauch, klar definiert ist und reflektiert wird. Also zieh ich mich in mein stilles Denker-Eck zurück und grüble nach über Machtgebrauch und Machtmissbrauch. Um in Fahrt zu kommen, fange ich erstmal an, gegen die Machtmissbräuchler loszuschimpfen. Putin zum Beispiel ist ein Machtmissbräuchler. Selenskyj eher nicht, oder? Er gebraucht seine Macht, um Waffen zu besorgen. Missbraucht er seine Macht also? Oder gebraucht er sie? Naja … Nächstes Beispiel: Der Papst verbietet die Homo-Ehe. Also gebraucht er doch seine Macht. Das kann er doch machen, oder? Oder etwa nicht? Dann wär’s ja Machtmissbrauch?! Und dem Papst Machtmissbrauch vorzuwerfen, wage ich nicht. Oder läuft diese Unsicherheit durch die ganze Kirche, so dass man sagen könnte: Viele niedere Priester sind Machtmissbräuchler. Die höheren Bischöfe, Kardinäle und Päpste sind nur Machtgebräuchler.
Politiker sind je nach Beliebtheitsgrad Machtmissbräuchler oder Machtgebräuchler. Weil sie ein bisschen Macht schon brauchen. Sonst könnten sie ja gar nichts machen. Ich meine, sie machen nicht viel. Aber ein bisschen doch schon, oder?
Apropos nicht viel machen: Beamte sind weder Machtmissbräuchler noch Machtgebräuchler. Weil sie gar nichts machen.
Ah, da fällt mir ein Witz ein – um meinen drögen Text ein wenig aufzuheitern:
Betritt ein Beamter das Zimmer seines Kollegen und sagt: „Mensch, du hast aber viele Fliegen in deinem Zimmer.“
Sagt der Kollege: „Ich weiß. Es sind 476.“
Hahaha! Lustig, oder?
Aber warum greife ich dieses Macht-Thema überhaupt in meinem Blog auf? Da gibt es einen Trend, auf den ich aufspringen will: Öffentliche Persönlichkeiten, die gegen Machtmissbrauch medienwirksam wettern, werden immer mehr, immer reicher und immer mächtiger. Sollte ich mich denen nicht anschließen? Um ehrlich zu sein: Reich und mächtig wäre ich schon gerne!
Aber ich bin halt keine öffentliche Persönlichkeit und medienwirksam schon gar nicht. Oder? Oder sollte ich’s doch versuchen?
Ich gründe eine Partei gegen Machtmissbrauch, die PGMM! Und dann mach ich eine Fernsehsendung, in der ich Machtmissbräuchler öffentlichkeitswirksam anprangere. Und natürlich gebe ich Bücher raus, in denen ich nachweise, dass Filmproduzenten, Eiskunstlauftrainer, Regisseure und Schauspieler ihre Macht missbrauchen. Und dann steh ich da, berühmt, bekannt, mit weißer Weste, streiche massenweise Kohle ein und genieße meine Macht. Das wird eine Gaudi!
Ich denke jeder von uns hat eine Portion Machtfähigkeit bei seiner Geburt mit auf den Weg bekommen? Und je berühmter Jemand dann wird, um so mehr kann er mit seiner Machtfähigkeit zum Wohle oder Leid der Wesen hier auf unserer Erde beitragen? Oder sogar zu ihrer Vernichtung? Daher sollte, meiner Ansicht nach, mit der Menge der zur Verfügung stehenden Machtkapazität auch die Grösse des Verstandes und der Empfindungsfähigkeit vorhanden sein?
Das ist zwar selten, aber es gibt ja Gott sei Dank ein paar herausragende und bewundernswerte Beispiele dafür?