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Die Stop-Übung

Die Stop-Übung ist ein wesentlicher Bestandteil meines Trainingsprogramms zum wirklichen Schauspieler. In meinem philosophischen Werk „Der Letzte Lehrer“ ging ich in der Geschichte Nummer 154. „Beherrschung und Geist“ auf die Stop-Übung ein. Im folgenden Ausschnitt wird diese Übung beschrieben: 

Gemeinsam hatten die Schüler auf Anordnung des Letzten Lehrers die Stop-Übung gemacht. Diese hatte darin bestanden, dass, während die Schüler getanzt hatten, der Letzte Lehrer plötzlich „Stop!“ gerufen hatte. Alle Schüler hatten dann plötzlich erstarren müssen, und der Letzte Lehrer war dann auf einzelne Schüler zugetreten und hatte sie abgefragt, was sie gefühlt hatten, was sie empfunden hatten und was sie gedacht hatten. Sehr schnell waren die Schüler von dieser ungeliebten Übung überfordert gewesen und der Letzte Lehrer hatte sie zu einem Gespräch in den Kreis gebeten (…) 

Das Schwierige in dieser Übung war, dass mitten in einer Tanzbewegung die Erstarrung oder besser gesagt das abrupte Anhalten erfolgte. Das heißt, mitten in teilweise sehr schwierigen Positionen abrupt abzustoppen, bewirkte merkwürdige Körperhaltungen, Muskelverkrampfungen, angestrengten Atem und so weiter … All dies war notwendig, um die Aufmerksamkeit auf die momentane Position zu ermöglichen. Natürlich lag ein kleiner Wettkampf in der Luft, wer es aushält, am längsten bewegungslos zu stehen. Der Erste, der sich bewegte, musste sich hinsetzen und war aus dem Spiel ausgeschieden.
Diese Stop-Übung ist heute nur noch mit Kindern möglich, bei denen aber sehr beliebt.
Kinder finden es faszinierend, ausgelassen herumzutanzen und plötzlich stillzustehen. Es macht ihnen einen Heidenspaß, sich selbst auf die Schliche zu kommen, wann der Moment ist, wenn sie sich wieder bewegen müssen. Dieser elementare Ausdruck der Lebensfreude verschwindet im Alter fast vollständig … Schade! Denn was ist hilfreicher, als eine Übung durchzuführen, die das Bewusstsein für den Moment erschafft? 

aus: Johannes Galli – Der Letzte Lehrer II – 108 Momente der Weisheit | Kurzgeschichten | Freiburg 2011 | 232 | © Galli Verlag e.V.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Schade, dass die Lebensfreude uns aberzogen wurde, vermutlich dass wir uns nützlich machen… „wer das nutzt, dem nützt es.“ und alles wird immer langweiliger, die Lebensfreude ist in der Erwachsenenwelt verpönt. Alles muss nun noch nützlich sein.
    -So und jetzt muss ich mich auch noch ein Bisschen nützlich machen.

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