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Denkzettel 07 – „Hi, my name is Bill.“

Auf einem Flug von Los Angeles nach New York setzte sich einmal ein Amerikaner neben mich. Ich war in einen Artikel, den ich zu schreiben hatte, vertieft und signalisierte ihm körpersprachlich, dass ich arbeitete und dementsprechend nicht gestört werden wollte.
Offensiv, wie Amerikaner manchmal sein können, stellte er sich ohne Vorwarnung vor: „Hi, my name is Bill.“
Ich packte mein Schreibzeug weg, denn wenn einer sich so vorstellt, dann weiß ich, dass ich entweder unhöflich sein muss, was ich in diesem Fall nicht sein wollte, oder aber meine eigene Arbeit vergessen kann, was ich in diesem Fall tun musste.
Er kam auch sogleich mit mir ins Gespräch, das sich dann bis zur Landung in New York hinzog. Er war im Ölgeschäft und auf dem Weg nach Afrika zu seinem neuen Job. Er war voller Pioniergeist, wie es Amerikaner nun einmal gerne sind. In einer kurzen Redepause seinerseits gelang es mir, meinen eigenen Job vorzustellen, und ich lenkte das Gespräch geschickt auf den Themenkreis: Körpersprache, Kommunikation und interkulturelle Probleme, die doch sicher zwischen Afrikanern und Amerikanern auftreten könnten. Begeistert und begeisternd, wie Amerikaner immer wieder sind, schlug er mir sofort vor, ein interkulturelles Training in seiner Firma durchzuführen. Nun war ich elektrisiert, denn Afrika war ein Kontinent, den ich gerne kennenlernen würde.
Meine Zustimmung kaum abwartend fragte er mich sogleich, was ich für ein interkulturelles Training alles benötigte. Finanziell hatten wir uns schnell geeinigt, denn er war großzügig. Aber dann war er sehr erstaunt, als ich ihm erläuterte, dass die Hälfte der Kursteilnehmer Amerikaner sein sollten und die andere Hälfte Afrikaner sein sollten, denn dann könnte ich Spielszenen entwickeln, in denen Konfliktpotential und Reibungspunkte zwischen beiden Kulturen dargestellt und gelöst werden könnten.
Er verstand mich nicht und fragte verwundert nach, wozu ich die Hälfte der Amerikaner bräuchte. Ich erklärte ihm noch einmal, dass ich Spielszenen entwickeln würde, in denen die beiden Kulturträger in Alltags- oder Berufssituationen aufeinandertreffen würden, und ich dann anhand der Körpersprache ablesen könnte, wo interkulturelle Missverständnisse aufgetreten waren. Er verstand mich wieder nicht.
Schließlich fragte ich Bill, wie er sich denn ein solches Training vorstellte.
Freimütig sagte er mir, wie er es sich vorstellte: In einer Trainingsreihe würden alle afrikanischen Mitarbeiter zusammengefasst, und ich würde ihnen dann die amerikanische Körpersprache erklären, so dass die Afrikaner die amerikanische Körpersprache verstehen könnten.
Innerlich schüttelte ich entschieden den Kopf. Mir geht es um gegenseitiges Verständnis und nicht um einseitige Machtabsicherung.
Gegen Ende der Fluges, also kurz vor New York, wechselten wir zu eher allgemeineren Themen, wie zum Beispiel Oktoberfest in Deutschland oder Thanksgiving in Amerika.
Als wir landeten, beschlossen wir beide verstummt unsere Visitenkarten nicht zu tauschen.
Irgendwie hatten wir uns nicht verstanden. 

Auszug aus:

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