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„Hatschi!“ – „Bewusstheit!“ 

Oje, die Erkältungswelle rollt heran. Rette sich, wer kann. Hätte ich gern gewollt, aber mich hat’s erwischt. Mein Immunsystem donnerte ordentlich los! In dieser schnupfenträchtigen Erkältungszeit hatten sich wohl einige Bündel Bakterien auf meine Nasenschleimhaut gesetzt und somit mein Immunsystem zu einer umfassenden Abwehrhandlung aufgerufen: Es kitzelte und brizzelte in meiner Nase bis zum Höhepunkt – und der war gewaltig! Mein ganzer Körper zuckte in einem gigantischen Krampf auf und dann donnerte er los. Ich brüllte ohne Vorwarnung „Hatschi!“ und schmiss mit 140 km/h alle molekülgroßen Bakterien aus mir heraus, die nicht in mich gehörten. Welch eine unkontrollierte und darum herrliche Befreiung!
„Gesundheit!“, rief es mir aus vielen Mündern freudig entgegen.
Kurz dachte ich über diese freundliche Volkssitte nach … Dann dachte ich spitzfindig: Ist es wirklich Gesundheit, was ich mir wünsche? Habe ich nicht mehr drauf? Ja, natürlich! Ich wünsche mir Bewusstheit. Das ist es, was sie mir zurufen sollten: „Hatschi!“ – „Bewusstheit!“ – damit mir bewusst würde, was ich da herausgeniest habe. Und dann würde ich mir überlegen, wogegen ich mich gewehrt habe. Ist doch spannend, wenn man weiß, wogegen sich der eigene Körper wehrt.
Ja, genau so wünsche ich’s mir für die Zukunft. Wenn ich niesen muss, rufen alle: „Bewusstheit!“
Und da ja alle Bewusstheit wünschen, könnte sich meine Idee als ein neuer Trend auch für andere durchsetzen. Prima, ich als Trendsetter für Bewusstheit!
Doch halt! Bevor ich eine alte Tradition genial verändere, möchte ich ihr auf den Grund gehen. Ein Blick in die Geschichte soll mir dabei helfen. Am besten wir blicken gleich ins dunkelste Mittelalter: Im vierzehnten Jahrhundert, im tiefsten Pestmittelalter, galt Niesen als Anzeichen einer möglich beginnenden Pest-Erkrankung. Also rief man mit einer ordentlichen Menge Aberglauben ausgestattet: „Gesundheit!“, in der Hoffnung, dass man den Niesenden zur Gesundheit zurückrufen könnte. Das war vor sechshundert Jahren.
Aber heute ist doch niemand mehr abergläubisch. Also komme ich mit meiner Reformation daher und schlage vor, „Bewusstheit“ zu rufen. Das kann doch nicht falsch sein. Bewusstheit kann nie falsch sein. Und jemand, dessen Immunsystem sich heftig wehrt, sollte doch wissen, wogegen es sich wehrt.
Ganz im Eifer meiner Bewusstheits-Ruf-Reform las ich im Knigge, dem Buch für Anstandsregeln, folgende niederschmetternde Nachricht: Seit 2015 sagt man gar nichts mehr. Wenn was gesagt werden muss, so ist es der Niesende, der sich gefälligst zu entschuldigen hat. Ansonsten werden alle körperlichen Äußerungen überhört. Keiner bemerkt irgendetwas. Also genau das Gegenteil von Bewusstheit.
Andererseits ist es aber doch schön, dass wir einen Körper haben. Wir brauchen ihn doch nicht totzuschweigen. Wo kämen wir denn ohne Körper hin? Nur als gefühlvoller Geist herumschweben – das würde doch keinen Spaß machen, oder? Ja, es könnte sogar regelrecht langweilig werden. Kein Leiden am Schicksal, keine Schmerzen, aber auch keine Freude, keine Lust … Alles ziemlich öde … Wenn man so einen Körper hat, dann hat man doch auch eine richtige Gaudi. Aber wenn wir doch froh sind, einen Körper zu haben, so sollten wir ihn doch ermuntern, sich auch zu äußern.
Stattdessen schweigen wir über alles Körperliche und über alles Gefühlsmäßige auch.
Aber hallo, wieso sollen wir uns eigentlich wieder einmal der Mehrheit beugen? Ich hab’s! Ich gründe eine kleine, verschworene Gemeinschaft, die – egal was Knigge sagt –„Bewusstheit!“ heimlich ruft. Es gilt auch leises nuscheln. Auf jeden Fall bleibt so die Bewusstheit in der Welt.
Und den Knigge kannste kniggen! 

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Mit voller Inbrunst „Hatschi – „Bewusstheit“ in allen Lautstärken verkündet und Knigge sei’s verziehen.
    Fröhlicher 3.Advent.
    Charlotte

  2. Ja Johannes…
    Ich hab’s selbst lange vergessen…
    …es ist ein Segen einen Körper zu haben.
    „Hatschi“… „Bewusstsein!“ rufe ich mir selber zu… „Ich wünsch dir Bewusstsein Manu.“

    Und dir wünsch ich ne gesegnete Adventszeit Johannes

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