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Die Krone der Schöpfung: Der Affe!

Als ich auf einem zufälligen Spaziergang durch den hiesigen Stadtpark herumschlenderte, wusste ich wieder einmal nicht, worüber ich nachdenken sollte. Mein Kopf war angenehm leer. Aber irgendwann wurde es mir zu langweilig, vorbeiziehende Wolken und trübe im Wind tänzelnde Bäume zu sehen und unbegabtem Vogelgezwitscher zuzulauschen.
Dann fiel mir ein, welcher Frage ich mal nachgehen wollte: Wieso überlebt eigentlich immer der Stärkere? War das eher Absicht oder eher Zufall? Ich kam auf keinen grünen Zweig und war über die Maßen erfreut, als ich auf einer entlegenen Parkbank Schorsch Knacklheinz entdeckte.
Schorsch tätschelte mit seiner Hand auf den leeren Platz rechts neben sich, und da er links neben sich ein Sixpack stehen hatte, setzte ich mich zu ihm. Mir war nach tagelanger Bier-Abstinenz ein bisschen nach trinkfreudiger Gesellschaft.
Wir stießen die Flaschen aneinander, riefen „Prost!“, und gurgelten das Wohlgetränk entspannt in uns hinein. Ach, der Tag hatte überraschenderweise doch noch einen Sinn bekommen.
„Schorsch“, rief ich das Gespräch eröffnend, „was machst du denn so? Man sieht dich kaum noch.“
Er brummte: „Ich arbeite als Hilfsgärtner in der Villa Schimmelpfennig.“
„Schimmelpfennig“, sagte ich nachdenklich, „die haben doch Geld wie Dreck!“
„Kannste mal glauben. Weißt du, was die sich halten?“
„Nö“, sagte ich wahrheitsgemäß, „ein Rudel Windhunde?“
Er lachte: „Nee, die ham ’nen Affen.“
„Hä?“, röhrte ich.
„Ja, so’n Schimpansenaffe.“
Sofort kam ich ins Grübeln über das Thema Affe und Mensch. Und nach der dritten Flasche kamen Schorsch und ich ins Diskutieren. Zwar kannten wir uns mit Genen nicht genau aus, aber das tut doch nichts zur Sache. Wer kennt sich denn da schon aus? Auf jeden Fall hatte sich Knacklheinz Schorsch schon mit der Materie beschäftigt, denn er trumpfte rein gesprächsmäßig ziemlich auf. Ich beneidete ihn etwas um seinen Gedankenstrunk, konnte ihm aber stellenweise nicht mehr ganz folgen. Jedenfalls legte er los: „Affen haben 48 Chromosomen, die Menschen nur 46.“
„Wieso das denn?“, fragte ich.
Er erklärte: „Durch einen genetischen Unfall sind beim Menschen zwei Chromosomen zu einem verschmolzen. Und nun meine Frage: Sind Affen uns Menschen überlegen?“
Ich musste lachen und knuffte ihn freundschaftlich in den Oberarm. „Schorsch, das ist doch nicht dein Ernst!“, sagte ich.
Aber völlig humorlos blickte er mich aus trübblauen Augen an und nuschelte: „Affen haben eine Hemmung, Bomben aus dem Flugzeug abzuwerfen. Affen haben eine Hemmung, mit Panzern zu fahren und rumzuballern. Affen haben eine Hemmung, Menschenversuche zu machen.“
Ich fragte: „Was willst du mir damit sagen? Du hast doch sicher eine Aussage im Sinn. Ich kapier das alles nicht.“
Schorsch nuschelte weiter: „Stellen wir uns mal die Erdbevölkerung als Affen vor. Ziemlich gemütliche Stimmung, oder? Fressen, schlafen, lausen, schmusen und fleißig Fortpflanzung betreiben … Aber dann passiert eines Tages eine genetische Panne: Einem Affen wächst ein riesiger Tumor im Kopf. Dieser Affe vermehrt sich fleißig und vererbt natürlich den Tumor immer weiter.“
Ich wollte mir gerade die fleißige Vermehrung ausmalen, da brachte Schorsch den Hammer: „Und diese Affen nennen sich Menschen und den Tumor im Kopf nennen sie Großhirn. Dieser Tumor verändert nicht nur die Schädelform, sondern auch den menschlichen Charakter, der jetzt ziemlich machtbesessen wird. Und vor lauter Machtgier zerstört der Mensch seine eigenen Lebensgrundlagen wie reines Wasser, gesunde Luft und fruchtbare Erde.“
Ich war völlig verwirrt. Was war mit Knacklheinz Schorsch geschehen? Ich war ganz durcheinander. Wenn er so gebildet daherredete, wieso arbeitete er dann als Hilfsgärtner?
Da sagte er: „Na gut, ich gebe gerne zu: Vielleicht ist mein Rückschluss falsch. Vielleicht sind wir Menschen ja wirklich die Krone der Schöpfung und sind den Affen haushoch überlegen. Schließlich können wir Dinge, von denen die Affen noch nicht einmal träumen. Zum Beispiel können wir Krieg, Folter und Massenmorde, was die armen Affen ja nicht können.“
Erst war ich verdutzt und dann setzte ich noch einen obendrauf und rief: „Und Menschenversuche können sie auch nicht!“
„Genau“, pflichtete Schorsch mir bei und setzte noch einen drauf: „Und Atombombe können sie erst recht nicht!“
Wir sprachen noch lange über die Unfähigkeit von Affen, sich wie Menschen zu benehmen, und unser Gespräch wurde nur hie und da unterbrochen, um ein neues Sixpack zu kaufen. Auf jeden Fall kamen wir überein, dass wir Menschen den Affen doch überlegen sind … irgendwie … oder?

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