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Die Bühne als Ort der Transformation

 

Jeder Mensch kann in seinem Leben Orte, Situationen und Tätigkeiten finden, um sich höherem Bewusstsein anzunähern. Oft wählt er sich spannende Partnerschaften, einen spannenden Beruf, mehrere Berufungen und Tätigkeiten, von denen er sich einen Vorteil für die eigene Transformation verspricht.
Bei mir war es die Theaterbühne, auf die ich mehr oder weniger zufällig gestolpert bin und die sich mir persönlich nach und nach als Berufung offenbart hat. Der geneigten Leserin und dem geneigten Leser möchte ich durch ein konkretes Beispiel anbieten, meinen Weg in mein Wesentliches nachzuvollziehen.
Vorweg möchte ich mich noch einmal vorstellen: Ich bin leidenschaftlicher Künstler, genauer gesagt Bühnenkünstler, der sich in spielerischer Weise mit Märchen und Mythen auseinandersetzt.
Mir war im Laufe meines Bühnenlebens etwas Merkwürdiges aufgefallen. Wann immer ich vor großem Publikum spielte, geriet ich in einen anderen Zustand. Auf der Bühne war ich ein anderer als im Leben. Die hohe Energie, die auf der Bühne herrscht, hat mich aus dem Leben heraus in einen anderen Zustand gebracht. Ich bearbeitete auf der Bühne schwere Erzählstoffe wie zum Beispiel: Die Nibelungensage, der biblische Mythos von Adam und Eva, Parzival und vieles mehr.
Wenn ich dann nach dem Auftritt, den ich unter tosendem Gelächter bis hin zu tief betroffener Stille des Publikums absolviert hatte, in der Garderobe saß und langsam wieder in mein Alltagsleben zurückglitt, merkte ich, dass ich Einzelheiten des Auftritts sofort danach vollständig vergessen hatte.
Ich ging dazu über, Freunde aufzufordern, meine Auftritte zu filmen, damit ich selbst sehen und verstehen konnte, was geschehen war. Warum konnte ich mich nicht mehr erinnern? Mein Gedächtnis funktionierte sonst immer einwandfrei. Aber Einzelheiten der Auftritte konnte ich nicht erinnern.
Einige Zeit nach einem Auftritt sah ich mir dann den Videofilm an und schüttelte den Kopf. Das sollte ich gewesen sein? So hellwach, blitzschnell im Umsetzen eigener Assoziationen und im Aufnehmen und Einbauen der Zwischenrufe des Publikums in die erzählte Geschichte, und locker in der Lage, große Bögen in der Menschheitsgeschichte zu spannen?
Auf der Grundlage dieser Erfahrung entwickelte ich eine Methode und formulierte meine zentrale Lebenserkenntnis: „Im Spiel ist der Mensch wirklich“.
Ich hatte erkannt, dass in dem hohen Energieniveau, das auf der Bühne herrscht, sich klares Bewusstsein für sich selbst erarbeiten lässt. Nach und nach erlebte ich meine Auftritte immer bewusster. Immer mehr konnte ich mich nach dem Auftritt an zentrale Szenen erinnern und immer mehr war ich fasziniert von der Wirkungskraft von alten Märchen und Mythen, die ich mit immer größerer Begeisterung erzählte und spielte.
Gegen Ende meiner Bühnenlaufbahn begriff ich, dass die Themen, die ich ausgewählt hatte, sich alle um Einweihung und Transformation drehten, und ich erkannte, dass Märchen und Mythen nichts anderes sind als Seelengeschichten, die meist über Kindererzählungen der Menschheit erhalten werden. Mir dämmerte langsam: Ich hatte mich der Seele angenähert.
Und so wünsche ich, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens Momente findet, in denen sich durch selbstgewählte Lebens- und Berufsumstände Möglichkeiten für ihn ergeben, in die Transformationskraft der eigenen Seele zu finden.

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