Der einsame Clown

Von Beruf und auch von Berufung bin ich ein Clown, schon immer einer gewesen. Habe auf Straßen gespielt, in Kleinkunsttheatern, habe ein eigenes Clowntheater gegründet. Man sieht, immer habe ich mich mit dem Clown beschäftigt, seine Vielschichtigkeit bewundert, Parallelen zu den mittelalterlichen Narren gezogen und das Prinzip des Clowns begriffen: Scheitern! Ein Clown scheitert immer und überall, und deswegen fürchten die Menschen ihn, denn sie wollen nicht scheitern. Und gerade deswegen scheitern sie. Und dann kann ihnen nur noch der Clown helfen. Die Entdeckung des Clowns in mir ist mein Lebenswerk, um für andere Geburtshilfe zu leisten, ihren Clown zu entwickeln.
Und nun bin ich alt geworden – ein alter Clown – stolze 72 Jahre alt und habe seit über 10 Jahren meine Heimat, die Bühne, verlassen. Und jetzt sitze ich vorm Spiegel, um mir die Clownmaske abzuschminken. Und sie fallen mir alle ein – die Höhepunkte und die Abstürze. Der frenetische Beifall und die verächtlichen Pfiffe. Und dann spür ich sie wieder – die Einsamkeit auf der Bühne. Und die Erkenntnis des Clowns greift mir ins Herz. Die Erkenntnis, dass er ein Leben lang einsam war.
Die Einsamkeit ist der einzige Freund, der den Clown nie verlässt. Einsamkeit ist ein wirklich treuer Freund. Und obwohl ihn niemand will, ist er immer da, wenn du ihn nicht brauchst.