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Der Schweinemensch

Neulich standen in meiner Wohngegend mir nichts dir nichts die ganzen Altpapiertonnen auf dem Bürgersteig herum. Ich dachte mir: „Oh, ich muss meine Wohnung entaltpapieren!“, stürmte nach Hause, packte ein Bündel und wollte es gerade in die Altpapiertonne bringen, als ein Blatt aus dem Bündel zu Boden segelte. Verdutzt hielt ich inne und las einen Artikel, den ich vor zwei Jahren schon mal gelesen hatte. Und ich erinnerte mich, mir damals vorgenommen zu haben, auf Grundlage des gelesenen Artikels einen kritischen Kommentar abzugeben. Irgendwie ist dieser Vorsatz verloren gegangen. Doch er ist nicht aus der Welt. Denn ich habe ihn ja jetzt wiedergefunden und kann ihn mit zwei Jahren Verspätung nachreichen.
Die Überschrift des Artikels lautete: „Können menschliche Ersatzorgane schon bald gezüchtet werden?“
Nun frage ich mich: Was geschieht in den Laboren der genforschenden Wissenschaftler?
Einem amerikanischen Ärzteteam war es erstmals gelungen, ein genetisch verändertes Schweineherz erfolgreich in einen Menschen zu transplantieren. Er verstarb allerdings nach zwei Monaten – vermutlich weil das Schweineherz mit einem Virus infiziert war.
In den letzten Jahren gab es immer wieder Berichte über die Fortschritte der Transplantation von Organen einer anderen Tierart, in diesem Fall von einem Schwein. Wissenschaftlich nennt man das Xenotransplantation.
Die Ausgangslage war so: Ein 57-jähriger Mann in den USA war schwer herzkrank, es gab keine Therapiemöglichkeiten mehr für ihn. Und so entschied er sich für einen mutigen letzten Versuch: Ein Schweineherz, extra herangezüchtet und genetisch an den Menschen angepasst.
Warum musste das Schweineherz genetisch verändert werden?
Generell ist das große Problem bei Organtransplantationen, dass der Körper ein Organ wieder abstößt, wenn es ihm fremd vorkommt. Ein Schweineherz hat bestimmte Markierungen auf der Oberfläche, die es klar als schweinisch und nicht-menschlich markieren. Auf diese Moleküle reagiert das Immunsystem sofort – normalerweise würde so ein Schweineorgan vom menschlichen Körper bekämpft und abgestoßen.
Deswegen muss man Schweine, deren Organe man transplantieren will, genetisch so verändern, dass diese Markierungen auf der Zell-Oberfläche entfernt werden. Dafür hat man in diesem konkreten Fall drei Gene des Schweins ausgeschaltet und gleichzeitig noch sechs menschliche Gene mit in das Erbgut eingebaut, die dafür sorgen, dass das Organ vom menschlichen Immunsystem akzeptiert wird.
Und der spektakuläre Versuch klappte: Das Herz wurde nicht abgestoßen, es schlug fast zwei Monate lang im Körper des Patienten. Das werten Expertinnen und Experten auf der ganzen Welt als einen enormen Erfolg, als einen großen Fortschritt in der Xenotransplantation.
So weit, so gut! Doch nun nehme ich mir das Recht heraus, als in Maßen informierter Mitmensch Fragen an eine entmenschlichte Wissenschaft zu stellen: Werden künftig grunzende Babys in Kinderbettchen liegen? Oder schweinsohrige Mädchen stolz Selfies auf Instagram posten? Oder ringelschwänzige Jungs vor der Playstation sitzen?
Wir wissen es nicht. Niemand kann die Folgen einschätzen.
Was wir wissen ist: Die Menschheit arbeitet am Schweinemenschen, damit sie Ersatzorgane hat! Schweineleber, Schweinenieren, Schweineherz … Bald gibt’s alles zum Ramschpreis. Keine Organspendeausweise, keine Diskussionen über Widerspruchslösung, kein Abwarten mehr auf den Gehirntod eines Mitmenschen, um ihm Organe zu entnehmen. Sondern einfach Bestellformular ausfüllen, und in der Kühlbox kommt das bestellte Schweinsorgan. Also, ich meine das bestellte Menschenschweinorgan.
Und was ist, wenn die Organe zurückwirken? Und der Schweinemensch sieht wie ein Schweinemensch aus? Und jeder sieht mir an, dass ich ein schweinisches Organ in mir habe? Ist diesen Menschen nun wirklich geholfen?
Und was ist mit den Tieren, die ihrem Schicksal als Billigspeise entgehen und dafür als Organspender gezüchtet werden? Haben die kein Recht auf Würde und Respekt, bevor sie ausgeschlachtet werden?
Wieso können wir Menschen nicht unser gigantisches Wissen zur Selbstrettung nutzen, ohne andere Wesen mit unseren Krankheiten zu belästigen? Und dann regeln wir unser Zusammenleben mit den Tieren wie Menschen und sind uns nicht zu fein, einen gewaltigen Respekt vor jeder Kreatur zu entwickeln. 

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Alles der Konsum, wir wollen immer mehr und immer länger leben. Wir sollten anfangen friedlich wieder alle zusammen zu leben. Den Gedanken finde ich sehr schön, wenn der Machtgedanke nicht wäre… lalala.

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